Sloughi-Rüde: BEN

Sloughi-Rüde: BEN

08.12.2015

Dies ist die kurze Geschichte eines Sloughirüden, dem alle Welt nur helfen wollte. Niemand wollte ihm etwas Böses aber am Ende hat Ben dafür mit seinem Leben bezahlt.

Am Sonntag wollten wir einen neuen Pflegehund zu uns holen. Ein Sloughi-Rüde war angekündigt, der nicht springt, weil er gesundheitliche Probleme hat. Er röchelt und bekommt kaum Luft, lahmt mit den Hinterbeinen ab und an, ist sieben Jahre alt. Das war seine Beschreibung.
Bei Helge war erste Station, um ihn ins nächste Auto zu laden und ihn weiter gen Wüste zu bringen. Helges entsetze Ankündigung, dieser arme Kerl bekommt kaum Luft und ist kurz vorm Ersticken, nötigte uns einen sofortigen Anruf in der Kleintierklinik Wasserburg ab, ob wir nach Übernahme nachher von der Raststätte direkt vorbeikommen dürften, mit dieser Beschreibung in unser Rudel, eher nicht... Ja, kein Problem.
Also fuhren wir zur los an die Raststätte, um ebenso entsetzt zu sein wie Helge. Da stieg ein wunderschöner Sloughi aus, der röchelte und Luft zog, so dass er regelrecht pfiff. Ja, er pfiff wirklich, aus dem letzten Loch! Ganz schrecklich. Er schaute unsagbar traurig und irgendwie total "menschlich"... so "erwachsen"... gealtert durch seine ganze Krankheitsgeschichte...
Er hüpfte mit Anlauf in unser Auto und legte sich hin. Wir streichelten ihn während der Fahrt und sprachen leise. Er beruhigte sich langsam. Mitgegeben wurde uns ein Asthmaspray?!?
Wir sagten kurz in Wasserburg Bescheid, wann wir da sind und starteten.
Der nächste Entsetzte war unser Doc. Wie lange er das schon hat, bzw. wann er denn operiert wurde, wollte er wissen, wir wußten zu dem Zeitpunkt jedoch noch gar nichts. Also gut, so geht der Hund nicht mit Ihnen nach Hause, die Aufregung ist viel zu groß, nachher läuft er noch blau an und erstickt und Sie können gar nichts tun. Er bleibt über Nacht hier.
Gut, bis morgen weiß ich auch, was, wann, wo... wir telefonieren.
Das Asthma-Spray wurde so kommentiert, wie wir selbst es schon gedacht hatten:
Ein Mensch, der nach Luft ringt, weiß, dass er Luft holen muß, sobald er auf den Knopf drückt. Ein Hund, dem man einen Fremdkörper ins Maul steckt, holt keine Luft und schon gleich gar nicht, wenn das Ding auch noch GSCHHHT macht wenn es sprüht und eigentlich helfen sollte. Zudem kommt man mit sowas gar nicht an die Stelle, an die das Zeug kommen soll, nämlich an den Kehlkopf.
Unser Doc zeigte uns in einem Fachbuch, wo der Fehler steckte. Aufgrund der OP durch den Hals wurden die Knöchelchen rechts und links des Kehlkopfs außer Gefecht gesetzt, die Nerven durchtrennt... die Knöchelchen weiten sich nicht mehr beim Luftholen, sie bleiben fast komplett zu, nur durch einen winzigen Spalt kann noch Luft dringen. Jeder Atemzug ein Kampf für das Tier.
Wir führten Ben in den Raum mit den Boxen und verabschiedeten uns. Ben schaute uns traurig hinterher.
Keine Sorge, Ben, ich komme morgen wieder!!
Ich vertraue meiner Tierklinik, seit über zehn Jahren komme ich mit allen Hunden hierher, bin immer hoch zufrieden. Vielleicht doch ein Hoffnungsschimmer, lassen sich meine Docs auch diesmal irgendwas Tolles einfallen, vielleicht gibt es irgendwo doch eine Lösung...
Am nächsten Morgen hatte Helge viel zu tun, den ganzen Papierkram weiterleiten... wir wußten also, Ben wurde im Sommer 2014 operiert, Bandscheibenvorfall im Nackenwirbelbereich. Die OP durch den Hals. (Würde das jemand von uns an sich machen lassen? Aber beim Hund ist alles möglich, gar kein Problem. Der Reparaturdienst Tierklinik funktioniert immer.) Gestern also Rapport in der Klinik:
Man könnte in einer OP die Knöchelchen weiten, so würde immer Luft kommen, aber auch das Futter und das Wasser evtl. in die Luftröhre gelangen und der Hund ersticken, außerdem besteht die Gefahr von Lungenentzündungen, weil auch Bakterien ungehindert in die Lunge eindringen könnten.
SO EINE OP MACHEN WIR NICHT UND UNSERE KLINIK MACHT DIE AUCH NICHT.
Wir schauten uns das Röntgenbild an, im Halswirbelbereich war keine Anomalie zu sehen. Auch kein herausgenommener Knochen von einer OP.
Wir lassen das unkommentiert.
Fakt ist, dass Ben immer noch Schmerzen hatte, denn er stand krumm wie eine Banane, versuchte, die bestmögliche Stellung für die Linderung der Schmerzen zu finden.
Fest steht. Jeder wollte helfen, niemand hat ein Hirn eingeschaltet oder ein Mal auf den Hund geschaut. Wie kann man seinen Hund neben sich so lange leiden lassen!!! Wie kann man sich das so lange anschauen und nicht handeln!

Ben freute sich und wedelte wild, als wir kamen. Wir schmusten noch innig mit ihm, als er die Spritze bekam. Er war ganz ruhig, als er in unseren Armen einschlief.
Jetzt kann er atmen. Müsste eigentlich das normalste der Welt sein, ohne Probleme Luft zu holen.
Jetzt kann er auch wieder rennen, wie es sich für einen sieben Jahre alten Windhund gehört.
Ja Ben, dann düse mal los da oben!
Und wehe, wir erfahren eines Tages, dass diese verdammte Regenbogenbrücke ein Fake ist...



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